Vogeljagd in Deutschland - Trends und Jagdpraktiken Die Jagd auf Vogelwild in Deutschland hat eine lange Tradition und erfreut sich […]
Lebensraum Lebensweise Ernährung - Rehe Rehwild in Europa
Lebensraum Lebensweise Ernährung - Rehe Rehwild in Europa
• Was kennzeichnet einen von Rehwild bevorzugten Lebensraum?
ln fast allen Lebensräumen Mitteleuropas bevorzugt Rehwild als typischer „Grenzlinienbewohner“ den häufigen Wechsel unterschiedlicher Vegetations und Aufwuchsformen. Neben der abwechslungsreicheren Äsung ist das artspezifische Sicherheitsbedürfnis des Rehwildes hierfür ausschlaggebend.
• Woran erkennt der Jäger, dass Rehwild im Revier lebt?
An Betten, Losung, Fege-, Schlag- und Plätzstellen, Fährten, Verbiss von Pflanzen, Abwurfstangen, Lauten des Rehs.
• (übt es bei Rehwild ein Territorialverhalten?
Ja, es ist ausgeprägt. Der mehrjährige Bock verteidigt seinen Einstand besonders im Frühjahr energisch gegen andere Böcke, auch gegen stärkere Jährlinge. Die Ricke zeigt ein gleiches Verhalten zur Setzzeit und ersten Aufzuchtzeit der Kitze gegenüber ihren Vorjahreskindern und fremden weiblichen Stücken. Während und nach der Brunft geben beide Geschlechter ihren strengen Gebietsanspruch weitgehend wieder auf, sind aber standorttreu.
• Wie groß ist der Aktionsraum eines Rehs?
Dieser ist deutlich geringer als beim Rotwild, richtet sich aber entscheidend nach dem gegebenen Biotop und der Zahl der Rehe im Revier. 10 bis 30 ha bieten einen Anhalt. Das Einhalten des festen engen Aktionsraumes ist mit zunehmenden Alter eines Rehs häufiger zu beobachten. Zur Brunft erweitert sich der Aktionsradius bei den Böcken erheblich.
• Ist eine zahlenmäßige Erfassung von Rehen möglich?
Rehe zu zählen ist praktisch nicht möglich. Zu groß sind die Schwierigkeiten der Beobachtbarkeit v.a. im Wald. Zwei Gründe sind hierfür entscheidend. Durch zunehmenden Stickstoffeintrag aus der Luft und veränderte waldbauliche Behandlung der Bestände findet sich sowohl Deckung als auch Äsung fast auf der ganzen Fläche. Darüber hinaus zwingen die Störungen durch Spaziergänger, Jogger, Reiter, Feierabendlandwirte, ganzjährige Forstwirtschaft und auch Jagddruck die Rehe immer wieder in Deckung. Ausgewachsene Rehe nutzen dabei oft das ihnen angeborene Drückverhalten, was vielfach zur Unterschätzung der örtlichen Rehpopulation führt. Da die Anzahl der setzfähigen Ricken als Berechnungsbasis nicht bekannt ist, ist es auch müßig, eine Zuwachsrate zu errechnen und diese als Grundlage für den Abschussplan festzulegen.
• Was ist ein Zähltreiben?
Mit vielen verlässlich zählenden Personen werden überschaubare Waldflächen von 100 bis 150 ha Größe vollständig durchgetrieben. Jedes durch die kreisförmige Menschenkette ein- und auswechselnde Stück Rehwild wird gezählt. Der Abstand der Zählenden darf nur sehr gering sein, um sich drückende Rehe nicht zu überlaufen. Der hohe Aufwand rechtfertigt aber nur sehr selten eine Durchführung.
• Zu welchen Leistungen sind die Sinnesorgane des Rehwildes fähig?
Rehe äugen wie Rotwild mit einer Brennlinie. Sie sind Bewegungsseher und vermögen nur in einem sehr kleinen Bereich dreidimensional zu beobachten.
Ihr Hörvermögen ist gut, ihr Geruchssinn ausgezeichnet. Haben Rehe Zweifel an drohender Gefahr, entscheiden sie mit dem Windfang über ihr Fluchtverhalten.
• Welche Lautäußerungen des Rehs sind im Revier zu vernehmen?
Das „Fiepen“, ein hoher Stimmlaut der Rehe, dient der Verständigung von Ricke und Kitz, ist aber auch anhaltend von der Ricke in der Brunft zu hören, wenn sie vom Bock getrieben wird.
Das „Schrecken“ oder „Schmälen“ ist ein kurzer, rauer dunkler Stimmlaut, der mehrfach hintereinander ausgestoßen wird und Unwillen über eine Störung, z.B. von Mensch, Sau oder Fuchs, anzeigt. Er ähnelt ein wenig dem Hundebeilen. Das „Klagen“ ist der hohe, gellende Schmerzschrei des Rehs, den es in höchster Not hören lässt, z.B. wenn es von Hunden gehalten wird.
Das „Keuchen“ vernimmt der Jäger in der Blattzeit beim Bock, wenn er anhaltend die brunftige Ricke treibt, und ganz selten auch einmal beim weiblichen Stück in dieser Zeit.
Das „Husten“, oft in Verbindung mit „Niesen“, ist immer dann hörbar, wenn sich in Nasen- und Rachenhöhle eines Rehs Larven der Rachenbremse festgesetzt haben.
• Welch« natürlichen Feinde hat Rehwild und welche sonstigen Verluste treten heute auf?
Von den Großraubtieren, kommen Bär und Wolf heute in Deutschland praktisch nicht mehr vor, der Luchs fällt nur örtlich begrenzt ins Gewicht. Kitzverluste kommen durch Füchse und auch durch Schwarzwild vor Größere Verluste erleiden die Bestände aber durch Straßen- und Schienenverkehr, durch wildernde Hunde und bei Kitzen v.a. durch Mähmaschinen.
• Welches Verhalten zeigt Rehwild seinen Feinden gegenüber?
Die Kitze drücken sich in den ersten Lebenstagen fest auf den Erdboden. Wie beim Rotwildkalb ist die abgegebene Witterung in eingerolltem Zustand dann deutlich verringert. Werden Rehe flüchtig, geschieht dies in der Regel nicht weiträumig. Als „Schlüpfer“ sucht das Reh in seinem Lebensbereich rasch Deckung auf, verharrt hier oft länger und versucht in mehrfacher Wiederholung von Flucht und Verhoffen, so seinen Feinden zu entkommen. Bei geeignetem Gelände ist ein Reh also häufig „gar nicht weit weg“, nachdem es flüchtig geworden ist.
Eine Abwehr von Feinden - z.B. Fuchs - erfolgt meist nur vom Mutterstück zur Verteidigung der Kitze mit den Schalen der Vorderläufe.
• Warum sind Kitze unmittelbar nach dem Setzen stark gefährdet?
Das Kitz „drückt sich“ in den ersten Lebenstagen und vertraut dabei instinktiv der guten Tarnfarbe und der herabgesetzten Witterung. In den waldnahen Wiesen hat dieses Feindverhalten heute gravierende Mähverluste durch Schlepper mit Kreiselmähern und hoher Arbeitsgeschwindigkeit zur Folge.
• Wie können Mähverluste reduziert werden?
Es gibt mehrere Möglichkeiten:
• Die zu mähende Wiese wird am Vortage angemäht, d.h. ein 4 bis 8 Meter breiter Randstreifen um die Wiese herum wird freigeschnitten, oder
• mit Wildscheuchen versehen, wobei das Aufhängen leerer Papier- oder Düngersäcke schon genügt, oder
• mit einem wesensfesten Gebrauchshund und mehreren Helfern in engem Abstand gegen den Wind abgesucht und die gefundenen Kitze möglichst weit in den Nachbarbestand getragen, denn es besteht die Gefahr, dass sie schon nach kurzer Zeit in die zu mähende Wiese zurückstreben. Oder
• mit Wärmedetektoren abgesucht. Diese reagieren auf die Wärmesäule über dem Objekt (Kitz oder Hase), zeigen also den Temperaturunterschied zur normalen Grastemperatur der Wiese an.
Die Ricke wird wie üblich ihre Kitze über Nacht abholen. Diese Maßnahmen verunsichern sie, so dass eine neue Heimstatt für die Kitze gesucht wird. Darüber hinaus sollte der Landwirt Wildrettergeräte an seinem Mäher anbauen, damit beim Mähvorgang das Kitz doch noch zum Hochwerden veranlasst wird.
• Welche Äsungsansprüche stellt Rehwild?
Rehwild ist „Konzentratselektierer“, d.h. es bevorzugt ihm zusagende Einzelpflanzen, wie z.B. Klee, Kräuter, Knospen. Das Reh wählt dabei insbesondere leicht verdauliche, nährstoffreiche Nahrung, die in seinem einfach gebauten Verdauungssystem relativ schnell verwertet werden kann. Im Unterschied zum Rot- und Muffelwild werden also Wiesen nicht flächig abgeäst.
• Welche Merkmale zeigt Rehwildlosung, und wie unterscheidet sich die Losung im Sommer und im Winter?
Die Losung ist walzenförmig, die einzelne „Lorbeere“ ist etwa 14 mm lang und 8 mm stark. Bei wasserreicher Nahrung im Sommer hängen die Losungsteilchen stärker zusammen und bilden eine Wurst. Bei trockener Äsung im Winter fällt die Losung in einzelne Beeren auseinander.
• Schöpft Rehwild?
Längeres minutenlanges Saugen von Wasser ist bei Rehen selten zu beobachten. Sie decken ihren Wasserbedarf weitgehend durch Aufnahme grüner Pflanzenteile und Morgentau.
Altersansprache
• Wie kann der Jäger das Alter eines Rehs am lebenden Stück einschätzen?
Die lange Zeit gültigen Ansprechmerkmale beim Rehwild können zu einer verlässlichen Altersansprache nicht herangezogen werden. Kriterien wie Gesichtsfarbe, Stirnlocke, Dachrosen, Färbe-, Fege- und Abwurfzeitpunkt oder auch die Ausprägung des Trägers treffen genauso häufig zu, wie daneben. Individuelle Entwicklungskriterien, wie die soziale Stellung, die Qualität des Einstandes und der Äsung über-decken solche Ausprägungen.
Als Anhalt können lediglich folgende Hinweise für die Übergangszeiten im Frühjahr und Herbst gelten:
• Jährlingsböcke und Schmalrehe verfärben meist früher als ältere Böcke und Ricken.
• Ricken benötigen im Frühjahr mehr Energie für die Entwicklung der Föten, im Sommer für die Aufsicht ihrer Kitze. So verfärben sie i. d. R. spät.
• Jährlingsböcke fegen überwiegend erst nach dem Verfärben im Mai.
• Gesunde ältere Böcke tragen beim Verfegen im März/April noch die graue Winterdecke.
Sicher anzusprechen sind während des Jahres nur die Kitze als solche.
• Wie kann das Alter eines erlegten Rehs eingeschätzt werden?
Noch immer gelten die Zähne des Unterkiefers als geeignetes Untersuchungsobjekt. Bis zum Wechsel der Vormalzähne (Prämolaren), der zwischen dem 10. und 14. Monat erfolgt, ist eine genaue Altersbestimmung möglich. Dann setzt die Schätzung ein, die sich am Abschliff der Zähne, ihrer Dentinfarbe und der Zahnfleischlinie orientiert.
An markierten Rehen in großen, gut beobachteten Revieren ist aber nachzuweisen, dass es auch am erlegten Stück keine Sicherheit bei der Altersschätzung gibt. Eine neue Untersuchung an markierten Rehen in Niederösterreich durch Reimoser führte zu dem Ergebnis, dass etwa ein Drittel der Schätzungen recht gut zutrifft, ein Drittel deutlich abweicht und ein Drittel grobe Ausreißer sind. Bei einer Altersbeurteilung sind also Altersspannen anzugeben, z.B. 2 bis 3jährig oder 6 bis 7jährig.
• Kann man vom Unterkiefer eines Rehs auf sein Geschlecht schließen?
Ja, der Winkelfortsatz des Unterkiefers ragt beim Bock nach hinten und unten über den Kieferrand hinweg und wird durch eine Furche abgegrenzt. Beim weiblichen Stück kommt der Winkelfortsatz nur schwach zur Geltung. Der Unterkieferrand verläuft bis zum Winkel fast gerade. Diese Erkennungsmethode ist erst von einem Alter ab zwei Jahren brauchbar. Bei sehr alten Ricken werden die Unterschiede zum Bock geringer.
• Hat Rehwild „Grandeln“?
Diese Eckzähne im Oberkiefer sind beim Rehwild sehr selten, im Unterschied zu Rot- und Sikawild. Allerdings achten auch viele Jäger v.a. nach der Erlegung eines weiblichen Stückes nicht darauf.